Der schicke Südwesten von Mallorca ist bei Ferienhauskäufern begehrt.
Vor einigen Monaten war das noch nicht absehbar. Die Branche sorgte sich über einen Preisverfall bei Ferienimmobilien in Zeiten von Grenzschließungen. Monatelang konnten Immobilienbesitzer 2020 von März bis Juni nicht zu ihren Anwesen auf der Sonneninsel. Wie hat das die Nachfrage auf der Lieblings-Urlaubsinsel der Deutschen verändert? Ein Ortsbesuch.
„Schon als im Juni der nationale Lockdown in Spanien endete, bin ich mit Anfragen von deutschen Käufern überrannt worden, das war verrückt“, sagt Carlos Anglada, Partner bei der Kanzlei Monereo Meyer in Palma de Mallorca. „Viele von ihnen haben eine Bleibe für den nächsten Lockdown gesucht und kamen mit sehr genauen Vorstellungen, was sie haben wollten.“
Das lässt sich inzwischen auch in den Preisen ablesen. So hat Corona den Wert der Ferienwohnungen auf Mallorca nicht etwa geschmälert – sondern erhöht: Der Durchschnittspreis aller Immobilien, die im vergangenen Jahr auf der Insel verkauft wurden, lag mit gut 303.000 Euro rund 14 Prozent über dem Vorjahr. Und das, obwohl die Zahl der Transaktionen um 27 Prozent gesunken ist.
Experten machen dafür vor allem die Käufe von Ausländern verantwortlich. Denn das Bild ist je nach Region sehr unterschiedlich. „Es gibt auf den Balearen auch Gebiete, wo die Preise um 17 Prozent eingebrochen sind“, sagt Francisco López von der mallorquinischen Kanzlei Staubach bei einem runden Tisch zum Immobilienmarkt der Insel Ende März in Palma. In Regionen wie rund um Andratx, wo viele Ausländer Immobilien kauften, seien sie dagegen gestiegen.
„Die höchste Nachfrage aller Zeiten“
Viele Kunden suchten heute einen Blick in die Natur, der ihnen auch im Lockdown das Gefühl gebe, weniger eingesperrt zu sein, sagt ein Makler der Maklervereinigung auf Mallorca. „Dinge wie eine Terrasse oder ein drittes Zimmer in der Stadtwohnung mit Platz für das Homeoffice sind heute für die Käufer nicht mehr verhandelbar“, sagt er.
Er geht davon aus, dass seine Branche zu den großen Profiteuren der Pandemie gehören könnte. „Wir erleben derzeit die höchste Nachfrage aller Zeiten“, so Hofer. „Noch nie haben so viele Kunden unseren Newsletter geöffnet, auf der Webseite surfen doppelt so viel Besucher wie sonst, und die Anfragen von Neukunden sind um 50 Prozent gestiegen.“ Viele hätten sich im Lockdown Gedanken über ihr Leben gemacht und sich gefragt, ob sie zufrieden sind. „Man kauft sich mit einer Immobilie ja auch ein Gefühl von Sicherheit“, sagt er.
Mallorca ist von der ersten Viruswelle im Frühjahr 2020 weitgehend verschont geblieben. Auf der Insel lässt sich der Verkehr von und auf das Territorium gut kontrollieren, und Krankenhäuser wie Infrastruktur sind auf deutlich mehr Menschen als die 900.000 Einwohner ausgerichtet – 2019 kamen knapp 15 Millionen Touristen. Das macht Mallorca zu einem vermeintlich sicheren Ort in einer Pandemie.
Die Preise auf dem balearischen Immobilienmarkt sind seit Jahren stabil. Der Anteil der ausländischen Käufer lag im vergangenen Jahr bei 30 Prozent. Das führt dazu, dass in einigen Regionen stattliche Preise aufgerufen werden. Rund um den edlen Jachthafen Port Andratx etwa lag der Quadratmeterpreis aller angebotenen Immobilien Ende vergangenen Jahres bei 9000 Euro.
Die Klientel der Käufer ist entsprechend gehoben. „95 Prozent meiner internationalen Kunden sind sehr wohlhabend – Unternehmer oder Manager, die ohne Finanzierung zahlen“, sagt Anwalt López. Ein Grund sind auch die anhaltenden Niedrigzinsen: Sie führen auf Mallorca wie anderswo dazu, dass Anleger ihr Vermögen verstärkt in Beton investieren. Auf Mallorca sitzen sie dann etwa im Café Cappuccino in Puerto Portals und schauen auf die sanft hin- und herschaukelnden Jachten. Von Sauftouristen à la Ballermann ist hier keine Spur.
Der Mietmarkt ist leer gefegt
Die Pandemie hat den Wunsch nach einer Bleibe auf der Urlaubsinsel offenbar noch verstärkt. „In der Pandemie haben Leute für zweistellige Millionensummen Häuser auf Mallorca gekauft, ohne jemals vor Ort gewesen zu sein“, sagt Lenz zwischen zwei Handy-Anrufen. Sie hätten die Gegend schon gut gekannt und nach einer virtuellen Führung entschieden.
Andere haben erst einmal gemietet, um schnell kommen zu können, und dann vor Ort eine Immobilie zum Kaufen gesucht. „Der Vermietungsabteilung sind die Häuser ausgegangen, der Markt ist leer gefegt“, erzählt die Maklervereinigung der Balearen. Und das bei Mieten von 10.000 bis 15.000 Euro im Monat.
Eine Überhitzung des Marktes sieht die Maklervereinigung der Balearen aber noch nicht. Zwar würden derzeit erstmals mehr Produkte vom Markt genommen als neu hinzukämen. „Aber es stehen immer noch 2500 Objekte zum Verkauf“, erklärt Lenz’ Kollege Florian Hofer.
Die Maklervereinigung der Balearen baut zudem weiter kräftig. Das spektakulärste Vorhaben sind 24 in den Berg geschlagene Häuser. Künftige Bewohner blicken von dort rechts auf den Hafen von Andratx, geradeaus auf grüne Hügel und links auf das Dorf Andratx.
Diese Sicht hat ihren Preis: Die Häuser mit einer Wohnfläche ab 170 Quadratmeter kosten rund zwei Millionen Euro. Auch die Nachbarn scheinen gut betucht zu sein: Bei Partys in der Villa auf der Bergspitze fliegen die Gäste gern auch im Hubschrauber ein, heißt es.
Angst vor Hausbesetzern
Die Zuversicht der Branche trübt dabei kaum, dass die balearische Regierung Anfang März 56 leer stehende Wohnungen enteignete, um sie als Sozialwohnungen zu nutzen. „Das Thema ist bei unseren Kunden auf wenig Resonanz gestoßen“, sagt Hofer. Es betraf nur Besitzer von mehr als zehn Immobilien.
Deutlich größer ist dagegen die Angst vor Hausbesetzern. „Ich habe unglaublich viele Anrufe von Eigentümern bekommen, die wollten, dass ich zu ihren Anwesen fahre und schaue, ob sich dort Hausbesetzer eingenistet haben“, sagt Anwalt Anglada, der nur deutschsprachige Kunden betreut.
Okupas, wie die Hausbesetzer auf Spanisch heißen, haben in den vergangenen Jahren vermehrt leer stehende Wohnungen von Fonds oder Banken in Beschlag genommen. Die Bleiben von Privateigentümern machen zwar nur einen kleinen Teil der besetzten Wohnungen aus.
Doch in der Pandemie waren auch drei Anwesen von Angladas Kunden besetzt. Nach einer Gesetzesänderung vom vergangenen Jahr falle es inzwischen jedoch deutlich leichter, die Anwesen räumen zu lassen, erklärt er. „Nach dem Lockdown haben die meisten überall Alarmanlagen anbringen lassen“, so der Anwalt. Kappen die Eindringlinge die, so liegt Gewaltanwendung vor, die der Polizei mehr Möglichkeiten bietet, die Wohnung zu räumen.
Wer es im nächsten Lockdown nicht rechtzeitig auf die Insel schafft, ist damit zumindest eine Sorge los.